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/ Serie: «Europa Erlesen»
/ Herausgeber: Lojze Wieser + Andreas P. Pittler
// Klagenfurt: «Wieser», 2002,
gebunden, 208 S.,
ISBN: 3-85129-400-9,
Abmessungen: 157⨉103⨉19 mm

limonka

Das erste Mal

Edward Limonow

Außerdem gibt es noch etwas, was für seine Andersartigkeit spricht: Er hat noch nie mit einer Frau geschlafen. Er ist noch ein Kind, kein Mann.

Das weiß natürlich keiner von seinen Freunden, sonst würden sie sich über ihn lustig machen. Wenn man ihren Sprüchen Glauben schenkt, dann treiben es die Jungs aus Saltow alle, aber manchmal hat Eddy-Baby den Verdacht, daß es Witja Golowaschow zum Beispiel auch noch nie gemacht hat, genau wie er selbst, und sich bloß nicht traut, es zuzugeben. Der größte Rammler in ihrer Klasse ist Boris Chruschkow. Aber der ist 17 und rasiert sich schon seit langem. Boris ist Schwimmer und regionaler Meister. Wenn er kein Meister wäre, hätten sie ihn schon längst von der Schule geschmissen, weil er nie etwas lernt. Aber die Mädchen lieben ihn, weil er berühmt ist. In der Lokalzeitung erscheinen rund ums Jahr Fotos von ihm und einmal war sein Konterfei sogar in der »Ukrainischen Prawda«, die in Kiew herauskommt.

Als Eddy-Baby den Salat aufgegessen hat, holt er vom Balkon seine Schuhe und die gelbe Jacke. Beim Anziehen denkt er traurig, daß seine Freunde glauben, er und Swetka würden es miteinander treiben, dabei streicheln und küssen sie sich nur. Eddy hat mehrmals versucht, Swetka ihren Schlüpfer auszuziehen, aber sie hat sich gesträubt; sie hat Angst. Sie sagt, daß sie noch nie mit jemandem geschlafen hat; Eddy-Baby dagegen verheimlicht ihr, daß er noch kein richtiger Mann ist. Übrigens behauptet der fette Adam aus Swetkas Haus, daß sie es schon lange macht, und daß Eddy, der Trottel, nur nichts davon weiß. Eddy glaubt Adam nicht. Der ist früher mal mit Swetka gegangen, und sie hat ihn fallen lassen, weil er langweilig ist.

Einmal hat Eddy-Baby Swetka sogar extra mit Alkohol abgefüllt, um sie zu »entkorken«, wie die Jungs sagen. Als sie blau war, mußte sie sich heftig erbrechen. Sie lag auf dem Bett von Sascha Tischtschenkos Eltern, bei dem sie gefeiert hatten, und Eddy-Baby konnte ihr gerade noch den Kopf vom Bett weg über den Boden halten, damit das Elternbett nicht besudelt würde. Dann mußte er einen Eimer Wasser holen und den vollgebrochenen Boden aufwischen, weil Swetka selber nicht aufstehen konnte und nur kläglich maunzte, als Eddy sie anschrie.

Nach dem Putzen hatte er das Licht wieder ausgemacht und versucht, Swetka zu knacken, und es wäre ihm vielleicht auch gelungen, wenn sie nicht diese Hosen angehabt hätte. Swetka trug einen schwarzen Schlüpfer, der sich eng um ihren Puppenpo spannte. Swetka sieht von Kopf bis Fuß aus wie eine Puppe, sie hat ein Puppengesicht, Puppenbacken und lange Puppenwimpern. Manchmal macht sie sich über sich selbst lustig, dann läßt sie sich nach hinten kippen, klimpert mit den Augen und sagt mit mechanischer Stimme: »Ma-ma!«

Eddy-Baby zog also mit aller Kraft an Swetkas Höschen, aber das rührte sich nicht von der Stelle, und als er es ganz einfach zerreißen wollte, ging das auch nicht, weil es aus einem festen Stoff war, der im Licht der Straßenlaterne, das zum Fenster hereinfiel, wie Seide glänzte. Als er sich fast eine halbe Stunde abgemüht hatte, fand er schließlich heraus, daß es an der Seite mit zwei Knöpfen verschlossen war. Kurzsichtig und ungeschickt, hatte er die nicht bemerkt.

Es war ihm also doch noch gelungen, Swetka das Höschen runterzuziehen. Sie hatte einen schwachen Versuch unternommen, sich zu wehren, war aber zu kraftlos und begnügte sich schließlich damit, ein paarmal betrunken und verschlafen »Nein! Nein! Nicht doch!« zu sagen, dann wurde sie still. Die Hose hatte sie schon nicht mehr an. Er streifte ihr Taftkleid hoch und automatisch bedeckte Swetka mit der Hand die Stelle, wo die Öffnung war, in die er sein Glied einführen mußte.

Eddy-Baby schob Swetkas Hand beiseite und legte seine eigene auf diese Stelle. Da war es heiß. Er zog die Hand wieder zurück und faßte seinen Schwanz an. Er war kalt.

Damals ausgerechnet hatte sich sein Schwanz nicht aufrichten wollen. Was er auch anstellte, um ihn hart und stark zu machen, nichts half! Er blieb ein weicher Gummischlauch. Eddy-Baby war sogar schnell rausgegangen, um sich von Sascha Tischtschenko Rat zu holen, nur eine Minute, denn er hatte Angst, daß einer von den Jungs in das dunkle Zimmer hineingehen könnte, wo auf dem Bett Swetkas weißer Puppenkörper schimmerte, und wer weiß, das Glied eines anderen hätte sich bei ihrem Anblick vielleicht aufgestellt…

Sascha hatte gesagt, er müsse sich »vorbereiten«, aber Eddy-Baby wußte selber, daß man sein Schwänzchen mit der Hand in Form bringen mußte und mit nichts anderem hatte er sich ja die letzte halbe Stunde im Schlafzimmer von Saschas Eltern beschäftigt, von Swetka, ihrem Bauch und ihren Hüften abgewandt.

Dann war sie wieder zu sich gekommen und Eddy-Baby hatte überlegt, auf welche Art er seinem Leben ein Ende machen sollte. Eine solche Erniedrigung seiner Manneswürde konnte er nicht ertragen.

Während er so, völlig gebrochen zu Swetkas Füßen liegend, überlegte, war Swetka aufgestanden, hatte sich geschüttelt, hinter Eddys Rücken ihren Schlüpfer wieder angezogen, das Kleid in Ordnung gebracht und sich neben ihn gesetzt. Eddy hatte das Gefühl, daß sie nicht ganz so bewußtlos gewesen war, wie er geglaubt hatte, und, noch mehr beschämt, hatte er sein Gesicht in den Händen vergraben.

»Laß nur«, hatte Swetka gesagt, »wenn’s heute nicht geklappt hat, dann klappt’s eben ein andermal. Ist doch kein Beinbruch!«

»Ich will nicht mehr leben!« hatte Eddy-Baby dumpf gemurmelt. »Dummkopf«, hatte Swetka ihm geantwortet, »ich lieb’ dich doch. Du bist der Beste von allen.« Und sie hatte ihn ins Ohr geküßt.

Man weiß nicht, was passiert wäre, wenn sie allein geblieben wären. Vielleicht hätte Eddy Swetka doch noch geknackt. Aber Katja und Rita — die mit dem Morphinisten Garik geht — waren ins Zimmer gekommen und wollten sie zum Tanzen holen. Und sie mußten mitgehen, zumal die Jungs schon vorher versucht hatten, sie auszuquartieren: es gab wenig Betten in der Wohnung, und jeder wollte mal einen Versuch unternehmen, sein Mädchen flachzulegen.

Als Sascha Tischtschenko Eddy fragte, ob er Swetka rumgekriegt hätte, hatte der mit einem kurzen »Ja« geantwortet. Obwohl ein richtiger Mann nicht lügen sollte.

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